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Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch gehört mit seinem Prosawerk und den dramatischen Dichtungen zu den wichtigsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen und Schriftstellern der Nachkriegszeit. Romane wie Homo Faber oder Stiller haben es dabei sogar in den Kanon der Schulbücher für die Oberstufe geschafft. Frischs Themen – Außenbild und Identität, Geschlechterbeziehungen sowie Vergänglichkeit und Tod im Spätwerk – sind dabei heute aktuell wie eh und je. Insbesondere Frischs Beschäftigung mit Fremdbild und Identität erscheinen in Zeiten des Internets und der sozialen Medien wieder besonders wichtig. Wikipedia

Steckbrief Max Frisch

  • Daten: 15. Mai 1911 bis 04. April 1991
  • Geburtsort: Zürich
  • Sprache(n): Deutsch
  • Hauptwerke o. Reihen: Stiller, Homo Faber, Mein Name sei Gantenbein
  • Rezensierte Bücher: Stiller, Homo Faber
  • Genres: Gesellschaftsroman, Psychogramm
  • Webseite: Autorenseite Suhrkamp
  • Adaptierte Filme/Serien: Homo Faber (Film, USA 1991)
  • Lesestoff: für alle, die humorvolle Literatur mit Tiefgang mögen

Germanistik, Architektur, Theater – Max Frischs Weg zum Schriftsteller

Max Frisch wuchs in einer nicht gerade wohlhabenden Familie auf. Der Vater war Architekt, verlor aber zwischenzeitlich seine Anstellung, so dass Geld häufig knapp war. Eine enge Beziehung hatte Frisch seine Jugend über ohnehin eher zur Mutter. Als leidlicher Schüler schaffte es Frisch aufs Gymnasium, wo er Werner Coninx, einen langjährigen Freund und Wegbegleiter, der Frisch hier und da auch finanziell unter die Arme griff, kennenlernte und seine ersten Theaterstücke schrieb, die er – als Gymnasiast wenig verwunderlich – trotz verzweifelter Versuche nicht zur Aufführung bringen konnte. Anfang der 30er Jahre, das Abitur in der Tasche, begann Frisch sodann auf eigenen Wunsch hin ein Germanistik Studium an der Universität Zürich und arbeitete nebenher als Journalist, unter anderem für die renommierte Neue Züricher Zeitung. Das Verhältnis zum aufziehenden Nationalsozialismus war zuerst undeutlich, auch wenn sich Frisch, wohl auch wegen der engen Beziehung zu einer geflohenen deutschen Jüdin, schon sehr früh gegen jeglichen Antisemitismus eindeutig positionierte.
1936 schmiss er sein Germanistik Studium und schrieb sich stattdessen an der ETH Zürich für Architektur ein. In die Zeit seines Architekturstudiums fällt die Publikation seines zweiten Romans und eine – intellektuelle – Hinwendung an die Idee eines „bürgerlichen“ Lebens, welches sich für Frisch, ähnlich wie man dies auch als Thematik bei Thomas Mann finden kann, kaum mit einer „künstlerischen“ Existenz vereinbaren lässt. In einem aus heutiger Sicht ein wenig überzogen wirkenden, radikalen Schritt löschte er nicht nur die Berufsbezeichnung „Schriftsteller“ aus seinem Pass, sondern verbrannte auch alle Aufzeichnungen und Arbeiten. Konterkariert wird dieser Schritt durch den Gewinn eines wichtigen Literaturpreises ein Jahr später. Dann kommt der zweite Weltkrieg und Frisch ist Kanonier bei der Schweizer Armee. Während dieser Zeit nimmt er schließlich auch das Schreiben wieder auf, arbeitet in einem Architektenbüro und sein Entwurf für das Freibad Letzigraben gewinnt 1943 die Ausschreibung gegen 65 Mitbewerberinnen und Mitbewerber. Trotzdem bleibt das architektonische Schaffen Frischs überschaubar und umfasst an wirklich eigenständigen Entwürfen neben dem 1949 eröffneten Freibad lediglich zwei Einfamilienhäuser.

Arbeiten für das Theater und Durchbruch als Schriftsteller

Neben seinen Prosaarbeiten veröffentlichte Frisch ab den vierziger Jahre auch immer wieder Theaterstücke, die ihre Uraufführungen am Anfang zumeist in Zürich hatten. Durch die Theaterarbeit lernte er auch den jungen Dürrenmatt und den alten Brecht kennen, mit denen er in freundschaftlicher Beziehung stand. Wichtiger noch als die Einbindung in die deutschsprachige Nachkriegsliteratur- und Theaterszene war die Bekanntschaft mit Peter Suhrkamp, dessen 1950 gegründetem Suhrkamp-Verlag von da an Frischs Prosa und Essays publizierte. Der Durchbruch gelang Frisch schließlich 1954 mit dem Roman Stiller. Dieser wurde auch kommerziell ein großer Erfolg und Frisch schloss im Jahr nach dem Erscheinen auch sein Architekturbüro, ließ sich scheiden und zog zum Arbeiten in eine kleine Wohnung in einem Bauernhaus und veröffentlicht in den folgenden Jahren seine bekanntesten Romane und Theaterstücke, darunter Homo Faber, Der Besuch der alten Dame und Biedermann und die Brandstifter, die alle drei häufig häufig, wenn nicht fast immer, Teil des Deutschunterrichts an Gymnasien sind.

Prosa, Stil, Brecht und das Problem mit dem Kanon

Max Frisch wurde schon zu Lebzeiten Teil des kanonischen Unterrichtsmaterials an Schulen im ganzen deutschsprachigen Raum (Schweiz, natürlich, Österreich und Deutschland). Dies führt auch dazu, dass sein Werk vielen als Schullektüre irgendwie vermiest wird. Dabei sind gerade die Romane Stiller und Mein Name sei Gantenbein mit ihrem klaren, zeitlosen Stil, aufgrund ihrer sich um Identität und Fremdbild drehenden Thematiken in Zeiten von Facebook und Instagram vielleicht sogar aktueller denn je. Vielleicht sind diese nuancierten Auseinandersetzungen mit Selbstbild, Fremdbild, Identität und Verweigerung der Anerkennung, auf die fremde Wahrnehmung festgelegt zu sein, heute auch verständlicher, als sie es in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts waren, als die Bücher erschienen. Es lohnt sich also, die Abneigung gegen die Schullektüre Frisch abzulegen und frisch in dieses Werk hinabzusteigen, welches ja auch nicht selten eine beinahe schwarze, untergründige Komik hat.
Stilistisch ist wohl vor allem die Abkehr Frischs von der in seinem Frühwerk verwandten, lyrischen, mit Metaphorik nicht selten überladenen Sprache und die Einarbeitung von Ideen und Ansätzen aus Brechts Theorie des „Epischen Theaters“ in die Prosa interessant. Diese Entwicklung führt Frisch auch in seinem Spätwerk weiter und sein Erzählen, sein Stil wird immer episoden- und collagenhafter und klebt nicht an einer einmal gefundenen „funktionierenden“ Sprache, mit der Erfolg sozusagen garantiert ist. Dies mag auch daran liegen, dass der Erfolg erst kam, als Frisch schon ein gewisses, ja man möchte sagen „reifes“ Alter hatte und sich so nicht vom Erfolg blenden ließ, sondern stetig weiter die Ausweitung und das Spiel von Sprache eben auch als „Kunst“ betrieben hat.