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Vladimir Nabokov

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Der russische Schriftsteller Vladimir Nabokov (geb. 1899 in St. Petersburg, verstorben 1977 in Montreux) ist nicht nur einer der heute mit einflussreichsten Schriftsteller*innen des 20. Jahrhunderts, dem immer noch viele junge Literaturschaffende Tribut zollen und als Anregung nennen, sondern sicher auch einer der spleenigsten. Da ist zum einen die Biografie – in St. Petersburg als Sohn einer alten, kosmopolitischen und aristokratischen Familie geboren, mit 19 dann die Flucht vor den Mitgliedern der Bolschewiki nach Berlin, Studium in Cambridge, Rückkehr nach Berlin und Veröffentlichung erster literarischer Arbeiten in russischer Sprache unter dem Pseudonym W. Sirin. Daneben arbeitete er in Berlin auch als Übersetzer, Tennislehrer und Teilzeit-Schauspieler. Nach erneuter Flucht, diesmal vor den Nazis, kommt Nabokov in die USA und hier entstehen in englischer Sprache seine berühmtesten Werke. Daneben war Nabokov aber auch begeisterter Schachspieler und ein passionierter und anerkannter Schmetterlingsforscher und -sammler. Neben der Publikation von drei Fachbüchern und zahlreichen Artikeln entdeckte Nabokov 20 neue Arten, von denen drei sogar nach ihm benannt sind. Wikipedia

Steckbrief Vladimir Nabokov

  • Daten: 22. April 1899 bis 02. Juli 1977
  • Geburtsort: St. Petersburg
  • Sprache(n): Englisch, Russisch, Französisch, Deutsch
  • Hauptwerke o. Reihen: Lolita, Pnin, Fahles Feuer
  • Rezensierte Bücher: Lolita, Pnin
  • Genres: Gesellschaftsroman, Satire
  • Webseite: Autorenseite Rohwohlt
  • Adaptierte Filme/Serien: Lolita (Stanley Kubrick, USA 1962, Adrian Lyne, USA 1997)
  • Lesestoff: für alle, die Ironie mögen und skurrile Charaktere zu schätzen wissen

Von Russland nach Berlin, in die USA, an den Genfer See: ein Leben im Exil

Die Biografie Vladimir Nabokovs, der hier der Einfachheit halber in der englischen Transkription des Namens geschrieben wird, die auch in Deutschland am weitesten verbreitet sein dürfte, ist zwar nicht unbedingt typisch für die Verwerfungen des frühen 20. Jahrhunderts, spricht aber doch Bände. Nabokov wächst in einem reichen, aristokratischen Elternhaus auf, der Vater, ebenfalls ein Vladimir Nabokov, war nach dem Sturz des Zarenregimes an der provisorischen, republikanischen Regierung beteiligt. Durch die Oktoberrevolution war die Familie gezwungen zu fliehen. Die Reise führte über Jalta nach London und endete schließlich in Berlin, wo die Nabokovs erst im Grunewald, später in Wilmersdorf lebten. Nabokov selber verblieb in England und begann sein Studium (Naturwissenschaften, französische und russische Literatur) in Cambridge. Er beginnt während seiner Studienzeit Übersetzungen vorzunehmen und veröffentlicht einen ersten Artikel über Schmetterlinge. Nach dem Studium zieht er zur Familie nach Berlin und beginnt erste literarische Arbeiten in russischer Sprache zu veröffentlichen, darunter „Lushins Verteidigung“ und „Der Späher“. Nach der Machtergreifung durch die Nazis dauert es bis 1936, bis Nabokov mit Frau und Sohn nach Paris emigriert, wo er nachweislich mit James Joyce zusammentraf. 1940 emigrierten die Nabokovs erneut, diesmal in die USA, wo Nabokov eine Stelle als Schmetterlingsexperte am American Museum of Natural History in New York antritt und den ersten in englischer Sprache geschriebenen Roman „The real life of Sebastian Knight“ beginnt. Danach hat er kaum mehr in russischer Sprache publiziert.

Lolita – Skandal und Ruhm

Man kann nicht über Vladimir Nabokov reden, ohne über „Lolita“ (Erstausgabe 1955, Olympia Press), diesen epochemachenden Roman, Skandal und Welterfolg des Autors, zu sprechen. Auch wenn man sich über den Platz im Oeuvre des Autors sicher streiten kann – die Romane „Pnin“, „Fahles Feuer“ und viele der auf russisch erschienenen Romane sind literarisch gesehen genauso gut – so steht doch fest, dass Nabokov erst mit dem Erscheinen von „Lolita“ und dem damit einhergehenden Skandal, der sich um Pädophilie, Pornographie und den Verfall der Sitten drehte, zu Weltruhm und nachhaltigem Erfolg als Schriftsteller kam. Natürlich ist dies teilweise auch der Zeit geschuldet. In den prüden und spießigen fünfziger Jahren mit seinen reaktionären Tendenzen, gerade in Hinsicht auf Sexualität und Frauen, fiel der Roman natürlich auf fruchtbaren Boden. Nimmt man dann noch den Umstand hinzu, dass Nabokov in den anti-russischen USA ein auf englisch schreibender Russe war, so war der Erfolg eigentlich so gut wie programmiert. Und wirklich wurde Lolita ein echter Weltbestseller und verkaufte sich so gut, dass Nabokov sich anschließend ganz dem Schreiben widmen konnte. Natürlich wurde Lolita auch verfilmt, inzwischen zweimal, wobei die erste Verfilmung aus dem Jahr 1962 durch Stanley Kubrick bis heute der unangefochtene Liebling der Kritikerinnen und Kritiker ist.

Stil und Sigmund Freud

Das Auffallendste an Nabokovs Art zu erzählen ist sicher die in dieser Form seltene Begabung für Parodie, Wortspiele und Sprachwitz. Ansonsten stechen die Romane vor allem durch die ausgesucht komplexen Plots hervor sowie dem Schwanken der Sprache zwischen nüchterner Beschreibung und lyrischen Passagen mit teils höchst außergewöhnlichen Metaphern, die allerdings in der deutschen Übersetzung häufig etwas an ihrer Schlagkraft verlieren. Nabokov und seine Frau Vera waren wohl zudem beide zur Synästhesie befähigt, eine Gabe, die auch einige von Nabokovs Hauptcharaktere teilen. Das große literarische Vorbild war für Nabokov der russische Klassiker Puschkin, den er auch übersetzte und über den er publizierte. Ansonsten hatte Nabokov einen sehr eigenen Geschmack, wenn es um Literatur ging, so hielt er z. B. Thomas Mann, Camus und D. H. Lawrence für völlig überschätzt, während er Proust, Kafka und James Joyce sehr schätzte. Eine echte Feindschaft fühlte er zu Sigmund Freud, den er in den Vorworten zu seinen Romanen gern als „Wiener Quacksalber“ titulierte. Eine weitere Besonderheit besteht sicher in der Einordnung Nabokovs, der von manchen eher als russischer, von anderen eher als amerikanischer Schriftsteller gesehen wird und dessen Rezeption in seiner Heimat Russland bis heute sehr gemischt ist.

Leben im Hotel und Lebensende in Montreux

Durch den Erfolg von Lolita bekannt und – nach und nach – auch reich geworden, kehrte Nabokov Anfang der 60er Jahre mit seiner Frau Vera nach Europa zurück und zog nomadisierend von Grand Hotel zu Grand Hotel, bis die beiden sich schließlich im Palace-Hotel in Montreux am Genfer See niederließen, wo sie beide als Hotelgäste dauerhaft bis zum Tod Nabokovs im Jahr 1977 lebten. Vladimir Nabokovs Grab befindet sich in Clarens, einem Dorf in der Nähe von Montreux mit weitem Blick über den Genfer See.