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Wilkie Collins

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Wilkie Collins ist in England ein Klassiker, in Deutschland führt er leider immer noch eher ein Schattendasein. Der Mitbegründer des Krimigenres, Verfasser einiger der großen Bestseller des 19. Jahrhunderts und zu seinen Lebzeiten ein enger Freund des heute deutlich bekannteren Charles Dickens ist allerdings unbedingt eine Entdeckung wert. Gegen Ende seines Lebens verfiel Collins aufgrund einer Krankheit, der in England damals recht weit verbreiteten Opiumsucht, anheim und die Droge spielt auch in dem einen oder anderen Werk des Autors eine Rolle. Wikipedia

Steckbrief Wilkie Collins

  • Daten: 08. Januar 1824 bis 23. September 1889
  • Geburtsort: London
  • Sprache(n): Englisch (mit eingestreuten französischen Redewendungen)
  • Hauptwerke o. Reihen: Die Frau in Weiß, Der Monddiamant
  • Rezensierte Bücher: Die Frau in Weiß, Der Monddiamant
  • Genres: viktorianische Krimis, Mystery Novels
  • Webseite: deutsche Fanpage
  • Adaptierte Filme/Serien: vielfältige Verfilmungen und Fernsehserien (1909 bis 2018)
  • Geeignet für: alle Fans von Krimis und Spannungsliteratur mit überraschenden Wendungen

Wilkie Collins – Leben und Werk

Der britische Schriftsteller William Wilkie Collins (1824 - 1889) war einer der erfolgreichsten Romanautor*innen im viktorianischen England. Der Sohn eines erfolgreichen und zu seiner Zeit hoch geschätzten Landschaftsmalers wuchs neben England auch in Italien und Frankreich auf und arbeitete, nachdem klar wurde, dass er nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten wollte, als Angestellter bei einem Teehandelshaus, bevor er in London Rechtswissenschaften studierte. Auch wenn er nie als Anwalt praktizierte, ließ er sein rechtliches Wissen immer wieder in seine Romane einfließen. Während Collins im englischsprachigen Raum heute durchaus als Klassiker gesehen wird, werden auch dort vor allem vier seiner insgesamt 13 Romane gelesen und bis heute verlegt. In Deutschland führt der Autor eher ein Schattendasein, wenn auch zu Unrecht, da insbesondere „Der Monddiamant“, eines seiner bekanntesten Bücher, nicht nur als der erste moderne Detektivroman gilt, sondern durch seine außergewöhnliche Konzeption und minutiös konstruierte Story immer noch als ein herausragendes Werk dieses Genres gelten kann. Abgesehen von dem sich für heutige Verhältnisse eher langsam entrollenden Spannungsbogen und der natürlich „veralteten“ Sprache, die auch bei den meisten Übersetzungen zumindest zum Teil beibehalten wird, ist der Mondstein ein echtes Krimikleinod.

Freundschaft mit Charles Dickens und der „Beruf“ Schriftsteller

Wilkie Collins ist aber auch noch aus einem anderen Grund eine interessante Figur, begann dieser enge Freund von Charles Dickens, mit dem er kollaborativ zusammenarbeitete, seine publizistische Karriere doch zu einer Zeit, in der der Beruf der Schriftsteller*innen sich wieder einmal grundlegend zu ändern begann. Die erste Revolution für alle schreibenden Berufe war natürlich die Erfindung des Buchdrucks und die sich aus diesem ergebenden, gänzlich neuen Möglichkeiten der Vervielfältigung und Distribution. Die zweite große Umwälzung erfolgt durch die Emanzipation des Bürgertums und dessen Bildungs- und Lesehunger im späten 18. Jahrhundert, die Figuren wie zum Beispiel Goethe, dem mit seinem „Werther“ der erste europäische Bestseller gelang, und Schiller überhaupt erst möglich machte. Die beginnende Industrialisierung eröffnete wiederum neue Märkte und insbesondere das Zeitungswesen – schon vorher durchaus blühend – erfuhr noch einmal einen Schub. Anders als heute war es damals – auch im deutschsprachigen Raum – durchaus nicht unüblich, einen Roman erst einmal als „Reihe“ in einer Zeitung oder einem Magazin zu publizieren, bevor er anschießend als Buch auf den Markt geworfen wurde. Die allgemeine Inflation an „Geschriebenem“ im 19. Jahrhundert ist dem Wunsch nach Unterhaltung geschuldet, es gab schließlich weder „Kino“ in seiner heutigen Form, geschweige denn Radio oder Fernsehen und Bücher waren damit neben Oper, Theater und Konzerten die hauptsächliche Form der Freizeitbeschäftigung der sich ausweitenden Mittelschicht, die schon länger nicht mehr nur aus Besitzenden, sondern auch vermehrt aus Ladenbesitzer*innen und Angestellten bestand. Gleichzeitig professionalisierte sich das Verlagswesen und erfolgreiche Literaturschaffende konnten eigentlich zum ersten Mal wirklich gut von den Einnahmen aus ihren Büchern leben.

Bestseller und Klassiker

Anders als man vielleicht vermutet, sind viele – wenn nicht gar die meisten – der zu ihrer Zeit erfolgreichen Schriftstellerinnen und Schriftsteller heute vergessen. Die Ausnahmen stehen uns heute als Klassiker*innen gegenüber, allerdings hatten viele dieser heute so hoch geschätzten Literaturschaffenden zu ihren Lebzeiten nicht den Verkaufserfolg, wie man das annehmen könnte. Ein besonders kurioses Beispiel aus dem deutschsprachigen Raum wäre Heinrich von Kleist, der zu Lebzeiten kaum Erfolg verzeichnen konnte, aber schon 1871, keine sechzig Jahre nach seinem Selbstmord am kleinen Wannsee, geradezu politisch vereinnahmt und zum „Nationalschriftsteller“ gemacht wurde. Collins hingegen konnte nach stockendem Beginn in den 1860ern eine ganze Reihe von Romanen veröffentlichen, die sich auch international gut verkauften und ihn finanziell bis an sein Lebensende absicherten. Die vier in diesem Jahrzehnt entstandenen Romane „Die Frau in Weiß“, „Ohne Namen“, „Der rote Schal“ und „Der Monddiamant“ gelten bis heute als seine besten Werke, von denen „Die Frau in Weiß“ wohl das insgesamt bekannteste sein dürfte. Der Erfolg zeigt sich auch darin, dass dieser Roman schon 1862, zwei Jahre nach seinem Erscheinen, ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht wurde.

Wilkie Collins starke Frauenfiguren

Nach diesem Jahrzehnt des literarischen Schaffens sank nach allgemeiner Auffassung die Qualität der Werke Collins, was wohl auch mit seiner zunehmenden Opiumsucht zu tun hatte. Von Beginn an hat sich Collins, der der Institution der Ehe kritisch gegenüberstand, in seinen Romanen für die Rechte von Frauen und „illegitimen“ Kindern eingesetzt. Für die damalige Zeit starke und eigensinnige Frauenfiguren sind ohnehin ein Merkmal seiner erzählerischen Welt, was in dem 1885 veröffentlichten Roman „Gesetz und Frau“ in der ersten weiblichen Detektivfigur der Literaturgeschichte gipfelte.

Von E.T.A. Hoffmann zu H.P. Lovecraft – Vorbild und Einfluss des Werks von Wilkie Collins

Die mysteriösen Geschichten, denen sich Collins verschrieben hat, wurzeln mit in der deutschen Romantik, insbesondere bei E.T.A. Hoffmann, aber auch in Schillers eher weniger bekannten Erzählung „Der Geisterseher“ kann man einen Vorläufer erkennen. Überhaupt waren diese deutschen „Schauergeschichten“ im 19. Jahrhundert ein echter Exportschlager und legten den Grund für gleich mehrere Literaturgattungen – vom Thriller über viktorianischen Horror (Dracula, Frankenstein) bis hin zu Edgar Allan Poes und H.P Lovecrafts Universen des Grauens. Collins übernimmt aber weniger den gruseligen denn den mysteriösen Aspekt und kombiniert diesen mit intelligent konstruierten Plots.