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Agatha Christie

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Agatha Christie

Die heute gerne auch als „Queen of Crime“ bezeichnete Agatha Christie (geb. am 15.09.1890 in Torquay, Devon, verstorben am 12.01.1976 in Wallingford, Oxforshire) ist nicht nur eine der einflussreichsten Krimischriftsteller*innen, sondern wohl die meistverkaufte und meistübersetzte Autorin der Welt. Die Gesamtauflage ihrer Werke wird inzwischen auf über 2 Milliarden geschätzt – Zahlen, von denen auch Bestseller-Blockbuster Schriftsteller*innen nur träumen können. Die vor allem als Kriminalautorin bekannte Christie, mit ganzem Namen Dame Agatha Mary Clarissa Christie, Lady Mallowan, geb. Miller, schrieb daneben aber auch unter Pseudonym einige romantische Romane, veröffentlichte Gedichtsammlungen und insgesamt 23 Theaterstücke, darunter auch die berühmte „Mausefalle“ (orig.: Mouse Trap, s. u.).
Die weltweite Berühmtheit Christies wird vor allem mit zwei sehr unterschiedlichen Detektivfiguren zusammengebracht, die jede für sich einen neuen Ermittlertypus in das Krimigenre einführte: der dandyhafte belgische Detektiv Hercule Poirot und Miss Marple, die typisch englische alte Frau vom Land. Beide können neben Sherlock Holmes als die für das Genre als Ganzes wohl einflussreichsten Ermittelnden gelten und standen wie Holmes Pate für ganze Legionen von fiktiven Detektiv*innen. Viele Romane und Kurzgeschichten von Agatha Christie wurden für Radio, Film und Fernsehen sowie für Computerspiele adaptiert, teilweise sogar mehrfach. Wikipedia

Steckbrief

Daten: geboren am 15.09.1890 in Torquay, verstorben am 12.01.1976 in Wallingford
Geburtsort: Torquay, Devon
Sprache(n): Englisch
Hauptwerke oder Reihen: Kriminalromane mit Hercule Poirot (Mord im Orientexpress, Tod auf dem Nil) und Miss Marple (Tod im Pfarrhaus, 16.50 ab Paddington)
Rezensierte Bücher: Mord im Orient-Express, 16.50 ab Paddington
Genres: Kriminalromane und Kurzgeschichten, Gedichte, Theaterstücke, romantische Literatur (unter Pseudonym)
Webseite: http://www.agathachristie.com
Adaptierte Filme/Serien (Auszug): Agatha Christie´s Poirot (Fernsehserie, 70 Folgen in 13 Serien), Tod auf dem Nil (mit Peter Ustinov, 1978), Der Wachsblumenstrauß (Fernsehfilm mit Margaret Rutherford als Miss Marple, 1963), Mord im Orient-Express (mit Kenneth Brannagh als Hercule Poirot, 2017)
Lesestoff: Für Krimifans mit Freude an spleenigen Ermittler*innen und britischer Note.

Jugend und erste literarische Schritte

Agatha Christie und ihre beiden älteren Geschwister Margaret (Madge) und Louis (Monty) wuchsen in zuerst einmal sehr wohlsituierten Verhältnissen auf. Nach einer Veruntreuungsaffäre und dem frühen Tod des aus Amerika stammenden Vaters Frederick Alvah Miller im Jahr 1901, als Agatha Christie gerade einmal 11 Jahre alt war, wurden die Verhältnisse schwieriger. Ihre Mutter Clarissa Margaret Boehmer, die Agatha auch bis zu ihrem 16. Lebensjahr zu Hause unterrichtete und früh ihre schriftstellerische Begabung entdeckte und förderte, versuchte die finanziellen Probleme ihre Kinder aber möglichst nicht spüren zu lassen. Mit 11 Jahren, also in etwa zu der Zeit, in der ihr Vater verstarb, veröffentlichte Agatha Christie auch ihr erstes Gedicht in einer Lokalzeitung. Ihr erster Roman „Das fehlende Glied in der Kette“ (Originaltitel: The Mysterious Affaire at Styles) erschien allerdings erst 1921 und führte Hercule Poirot als Detektiv ein.

Studium in Paris, Erster Weltkrieg und erste Ehe

Agatha Christie (damals noch Agatha Miller) begann ein Studium der Musik in Paris, das sie beim Ausbruch des ersten Weltkriegs 1914 abbrach, um sich als Krankenschwester im Voluntary Aid Detachment nützlich zu machen und den britischen Luftwaffenoffizier Archibald Christie zu heiraten, mit dem sie eine Tochter hatte. Zuerst arbeitete sie während des Krieges in einem Krankenhaus, dann in einer Apotheke und lernte in dieser Zeit viele der giftigen Substanzen kennen, die später in ihren Kriminalromanen eine mitunter tragende Rolle spielen sollten. Die erste Ehe mit Archibald Christie, der sie mit seiner Golfpartnerin betrog, war nicht sonderlich glücklich, brachte Agatha Christie aber erste literarische Erfolge, insbesondere durch ihren 1926 erschienenen sechsten Kriminalroman Alibi (The Murder of Roger Ackroyd). 1926 war auch das Jahr, in dem Christies Mutter starb, ein Ereignis, dass sie sehr mitnahm, und sie kurzzeitig verschwand. Über die große Suchaktion, an der auch Arthur Conan Doyle, der Erfinder von Sherlock Holmes, teilnahm, wurde selbst in der New York Times berichtet, Agatha Christie selber hatte allerdings einfach nur ihr Auto stehen gelassen und sich in einem abgelegenen Landgasthaus unter dem Namen der Affäre ihres Mannes eingemietet, wohl um in Ruhe nachzudenken. Sie selbst äußerte sich nie zu dieser Episode und ließ sie auch in ihrer Autobiografie nonchalant aus. 1928 ließ sie sich schließlich von Archibald Christie scheiden und brach danach zu ihrer ersten großen Reise in den vorderen Orient auf. Mit dem Orient-Express natürlich.

Mesopotamien und Mr. Mallowan

Auf ihrer zweiten Reise nach Mesopotamien, wo sie ein befreundetes Archäologen-Ehepaar besuchte, denen sie eine Kurzgeschichtensammlung und den Roman „Mord in Mesopotamien“ widmete, traf Agatha Christie ihren zweiten Ehemann, den Archäologen Max Mallowan. Später reisten die beiden regelmäßig in den Nahen Osten zu verschiedenen Ausgrabungen, die nicht selten durch Agatha Christie mit oder gar ganz finanziert wurden. Der deutlich jüngere Mallowan (14 Jahre) und Agatha Christie blieben bis zum Tod Agathas 1976 ein Ehepaar und viele der Romane in den späten 30er bis frühen 60er Jahren entstanden auf den Reisen und Ausgrabungen, welche die beiden miteinander unternahmen.

Werk und Stil

Agatha Christies Werk umfasst 66 Romane, etliche Kurzgeschichten, 23 Bühnenstücke, mehrere Lyriksammlungen und gleich zwei Autobiographien. Damit macht sie vom reinen Output an Stories fast schon dem legendären Vielschreiber Simenon Konkurrenz. Christie war dabei zusätzlich eine gute Geschäftsfrau, wenn man das so sagen will, und pausierte ihren beliebtesten Detektiv Hercule Poirot für einige Jahre, um sich nicht zu ermüden, ja stellte sogar fertig geschriebene Bücher in ihrer Veröffentlichung zurück, als sie älter wurde, um Mann und Kind auch nach ihrem Ableben eine sichere Einnahmequelle zu hinterlassen. Stilistisch ist Agatha Christies Werk erstaunlich Facettenreich. Immer mal wieder wechselt sie von Buch zu Buch die Erzählperspektive, allein vor avantgardistischen Spielereien schreckt sie zurück. Viele der Titel ihrer späteren Werke sind bekannten englischen Kinderliedern und Kinderreimen entnommen, eine auffällige Besonderheit, in die manche kritische Stimmen vielleicht etwas zu viel hineinlesen, wenn sie darin eine besondere „Tiefgründigkeit“ erkennen wollen. Am Ende sind die allermeisten Kurzgeschichten und Romane gut und einfach lesbar, was wohl auch zu ihrem nachhaltigen weltweiten Erfolg beigetragen haben dürfte. Auffällig bei der Konstruktion ihrer Krimis ist die Vorliebe für „geschlossene Räume“ und die gehobene Gesellschaft, die englische Gentry. Die Settings, so exotisch wie sie auch sein mögen (Nil, Mesopotamien etc.), sind im allgemeinen nur Hintergrund für eine sich auf engem oder engstem Raum wie ein Kammerspiel entwickelnde Handlung. Nicht selten spielen Teile in Zügen, auf Schiffen oder gar im Flugzeug, diesen je für sich abgeschiedenen Welten ohne „Ausgang“. Die handelnden Personen gehören meist zur gehobenen Mittelschicht oder Oberschicht mit ihren Standesdünkeln und ihrem eher gesellschaftlichen denn freundschaftlichen Umgang miteinander. Mitunter kommen aber auch historisch relevante Positionen auf Tableau, zum Beispiel durch einen jungen Marxisten in „Tod auf dem Nil“, der sich teils heftige Diskussionen mit den anderen, hauptsächlich wohlbetuchten und stockkonservativen Reisenden liefert.

Hercule Poirot, Miss Marple und die Beresfords

Vielleicht durch den Erfolg des großen Sherlock Holmes (und dessen Schöpfer Arthur Conan Doyle) inspiriert entwickelte auch Agatha Christie ihre „Ermittler*innen“ die in Reihe ermitteln und baute somit an der heute so üblichen Nutzung von Kommissar*innen oder Ermittler*innen wie Mankells Wallander, Frieda Klein von Nicci French, Arto Ratamo, ja selbst Boerne und Thiel aus dem Münster-Tatort, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dabei zeichnen sich Agatha Christies Detektive und Detektivinnen, insbesondere Hercule Poirot und Miss Marple, durch ihre spleenigen Marotten aus. Die alte Dame, die zu viele Kriminalromane gelesen hat und Fälle durch knallharten Small Talk löst, während sie daneben für den Pfarrer eine Torte backt oder der kleine, belgische Dandy mit gepflegtem Schnauzer, feinem psychologischen Sensorium und einer innigen Liebe zu maßgeschneiderter Kleidung (die auch im heißesten Klima nicht abgelegt wird) sind einprägsam, haben Schrullen und irgendwie schließt man sie beide gleich ins Herz. Ganz ähnlich funktioniert auch das durch Zufall in die Welt der Geheimdienste und Ermittlungen strudelnde Ehepaar Tommy und Tuppence Berensford, das zwar weit weniger bekannt ist, aber ein ganz eigenes, genauso schrulliges Universum bietet (Tommy Berensford wollte eigentlich ein Imker-Business hochziehen, das natürlich nicht läuft...).

Adaptionen von Agatha Christies Werk

Als weltweit wohl erfolgreichste, meist verkaufte und meist übersetzte Schriftstellerin verwundert es kaum, dass Agatha Christies Werk in vielfältiger Weise adaptiert wurde. Neben Hörspielen und Bühnenfassungen sind gerade die Werke mit Hercule Poirot und Miss Marple immer wieder verfilmt worden. So gibt es allein 22 Kinofilme, rund 76 Fernsehfilme und 19 Zeichentrickfilmadaptionen von Agatha Christies Werk. Auch das könnte durchaus ein Rekord sein.