Leif Randt

Leif Randt kommt aus Frankfurt, zumindest ist er da 1983 geboren und damit tatsächlich noch relativ jung. Nach dem Studium Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim ging es sozusagen gleich los. Schon 2006 war er Finalist beim recht angesehenen Berliner Open Mike der Literaturwerkstatt, aus dem für Wettbewerbe inzwischen tatsächlich schon eine ganze Reihe von Talenten hervorgegangen sind. Das ist beinahe weniger üblich, als man annehmen könnte. Sein Debüt Roman „Leuchtspielhaus“ erhielt mehrere Preise, der von Kritiker*innen hochgelobte Nachfolger „Schimmernder Dunst über Coby County“ konnte gar beim Bachmann Preis überzeugen und gewann zwar nicht den Hauptpreis, dafür aber den ebenso renommierten Ernst-Willner-Preis. Sein dritter Roman „Planet Magnon“, mit dem sich der Autor gar in das für deutsche Schriftstellerinnen und Schriftsteller eher ungewöhnliche Genre Science Fiction vorwagt, erschien anders als die Vorgänger im Jahr 2015 bei Kiepenheuer & Witsch.

Einer aus der Schriftstellerschmiede

Früher gab es das ja in Deutschland nicht: Schriftstellerei studieren. Mit der Etablierung der Studiengänge „Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus“ in Hildesheim und dem „Deutschen Literaturinstitut“ in Leipzig hat sich das ungefähr seit der Jahrtausendwende geändert. Nun wird immer mal wieder genörgelt, dort würden sich bundesrepublikanische Eliten fortpflanzen und Bürgerkinder über ihr sorgenfreies Leben dilettieren (wo sicher auch was dran ist), gleichzeitig sind eine ganze Reihe auch ernstzunehmender Schriftsteller und Schriftstellerinnen aus diesen beiden Universitäten hervorgegangen. Dabei hat Leipzig bislang vielleicht noch die Nase vorn, aber wie auch das Beispiel Leif Randt zeigt, scheint zumindest der Erfolg auch in Hildesheim Einzug zu halten. Der Vorwurf der Reproduktion von Eliten ist sowieso schief, denn die Schriftsteller*innen, die es nach 1945 zu Bekanntheit gebracht haben und nicht aus einem irgendwie bürgerlichen Umfeld kamen, lassen sich dann doch relativ schnell aufzählen. Schwieriger sieht es mit der zumindest zu vermutenden Reproduktion von Schreibstilen und -formen aus, wenn diese im Zusammenspiel mit anderen Studierenden und Lehrkräften entwickelt werden. Davon mal ab ist Leif Randt sicher eine Entdeckung wert. Allein die Preise, die Randt inzwischen für sein ja noch schmales Werk erhalten hat, sprechen für sich. Die Zeit als Stipendiat in der Villa Aurora in Los Angeles (2013) kann wohl auch als Ausgangspunkt für seinen letzten Roman gesehen werden, der von der FAZ seinerzeit als „das wahrscheinlich unaufgeregteste Buch der Saison“ bezeichnet wurde. Ob man darin Kritik oder Lobpreisung sehen will liegt im Auge des Betrachters, aber Unaufgeregtheit kann in der Literatur ein großes Plus sein, denn Pathos, Stilblüten und unnötige Aufgeregtheiten lauern hinter fast jedem Buchrücken.

Stil und Form

Randt verwendet eine klare, nüchterne Sprache, die dennoch von assoziativen Motiven durchzogen ist und die Leserschaft so näher an das erzählende Subjekt heranzieht. In seinem neuesten Buch „Planet Magnon“ wagt er sich, wie oben schon angesprochen, gar in das Science-Fiction Genre vor. Samt Raumschiffen und Dinosauriern, eigentlich also unerhört in der deutschsprachigen Literatur, auch wenn es mit Döblin und einigen wenigen anderen durchaus historische Vorbilder gibt. Diese liegen allerdings so gut wie alle in der literarisch eher tieferen Vergangenheit von vor 1945. Und ja, Perry Rhodan zählen wir hier nicht wirklich mit. Die Sprache ist aber nicht die des Genres, die Sprache ist, wenn auch nicht typisch für den jüngeren deutschen Roman, so doch an diesem geschult. Vielleicht eine Nachwirkung des Hildesheimer Seminars, vielleicht eine Konzession an die Mode, insgesamt erscheint einem der Sound aber bekannt vorzukommen. Kurze Sätze und ironische Bilder, Introspektion und Beobachtung oder Rückblick wechseln sich ab, Motive werden wiederholt (im Planet Magnon: Colabiere) und Zeitgenössisches aufgenommen und in dieser fantasierten Zukunftsvision verarbeitet. Da tritt zum Beispiel das Selfie auf und Big Data ist ein Thema. Damit ist diese Dystopie (denn nichts ist gut, wenn auch nicht fatal schlecht in dieser Zukunft) wohl auch als Kommentar zu unserer Gegenwart zu verstehen, ein Ansinnen, das am prominentesten sicherlich im Werk Houllebecqs vertreten ist. Den unversöhnlichen Skeptizismus und auch die messerscharfe, nicht selten bösartig-ironische Präzision der Bücher Houllebecqs erreicht Randt nicht, das mag auch ein Altersding sein, beziehungsweise sollte es einem ja beinahe Sorge machen, wenn ein so junger Kerl schon derart treffend zynisch wäre. Der Fokus liegt zudem auch mehr auf der eigenen Generation, eine Beschäftigung mit der wohlstandsbetäubten, selbstoptimierenden und vegetarischen Manufactum Generation der in den 80er Jahren geborenen Bürgerkinder ist immerhin mehr als notwendig, wenn auch meist vergebens. Das Aufrütteln aus der selbstironischen Distanz deutschen Neo-Biedermeiers ist immerhin eine Herkulesaufgabe, die eigentlich nur scheitern kann.

Unser Fazit: Toller Autor, den man gelesen haben muss und von dem man noch einiges erhoffen kann, insbesondere wenn dieser sich nach konstanterem und komfortablem Erfolg auch stilistisch noch einmal über das doch recht glatte und wohlgefällige, irgendwie saubere Erzählen erheben kann.

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