Sandra Sauter – In Liebe baden

 

Im Japanischen gibt es das schöne Wort ‘Ikigai’, das so viel wie ‘Lebenssinn’ bedeutet. Im besten Fall schenkt einem der eigene Beruf Lebenssinn und wird somit zur Berufung – zur schicksalsmäßigen Bestimmung. Menschen und Berufe finden aus den unterschiedlichsten Beweggründen zusammen. Es gibt Menschen, die begreifen ihre Arbeit tatsächlich als Ikigai. Als eine Berufung, die sie gegen kein Geld der Welt eintauschen würden. Sandra Sauter aus Leipzig ist eine von ihnen.

 

 

Meine Berufung – Tantramasseurin

Sandra arbeitet als freie Texterin, hat mehrere Yogalehrerausbildungen, unter anderem eine Ausbildung zur Kundalini Yogalehrerin absolviert. Darüber hinaus hat sie sich in den vergangenen Jahren vermehrt mit den Themen Tantra, weibliche Sexualität, Slow Sex, Conscious Relationship auseinandergesetzt und sich in Berlin zur Tantramasseurin ausbilden lassen. Seit 2019 bietet sie Tantramassagen für Männer und Frauen an.

 

Der Mensch braucht Berührungen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Wenn wir umarmt werden, schüttet der Körper Glückshormone aus, etwa das so genannte Bindungshormon Oxytocin oder stimmungsaufhellendes Dopamin. In unserer Gesellschaft leiden viele an einem Mangel an körperlicher Nähe. Zum Glück gibt es Menschen wie Sandra Sauter. Wir haben mit der Leipziger Tantramasseurin über absichtslose Berührungen, über männliche und weibliche Sexualität, über Slow Sex sowie über gängige Vorurteile, die in Bezug auf Tantramassagen vorherrschen, gesprochen. Und darüber, was Tantramassagen mit erfüllter Sexualität zu tun haben.

 

Für alle, die keine oder nur sehr schwammige Vorstellungen von einer Tantramassage haben – wie würdest du in wenigen Sätzen beschreiben, was dort passiert?

Bei der Tantramassage stehen du und deine komplette Essenz für die gewählte Zeitspanne im Mittelpunkt. Dein ganzer Körper wird liebevoll und absichtslos berührt, inklusive deiner Genitalien. Im Tantra gehören deine Brüste, deine Yoni oder dein Lingam genauso zu dir, wie alle anderen Körperteile. Yoni und Lingam sind die Sanskrit-Bezeichnungen für die Vulva und den Penis. Der Tantramassage wohnt eine liebevolle Absichtslosigkeit und Achtsamkeit inne, eine Qualität, die wir in normalen zwischenmenschlichen Begegnungen in vielen Fällen überhaupt nicht kennen. Wenn wir an unseren Genitalien berührt werden, ist damit fast immer eine Absicht impliziert. Als Mann wie als Frau sollst du entweder in deine Lust kommen oder diese soll gesteigert werden. Bei der Tantramassage gibt es kein Ziel. Du bist mit allem, was da ist, willkommen. Wenn deine Energie nach oben geht und es lustvoll wird, unterstütze ich dich in diesem Prozess. Ich würde aber niemals einen Höhepunkt erzwingen, sondern alles darf fließen.

Es gibt kein Schema F der genitalen Berührung, das für jeden funktioniert. 

 

Warum machst du, was du machst?

Ich hatte dank des Privilegs einer behüteten Kindheit in einem intakten Elternhaus schon immer sehr viel Liebe in mir – eine Liebe, die weit über meinen engsten Kreis hinausgeht. Mit der Tantramassage habe ich endlich eine Möglichkeit gefunden, diese Liebe jedem Menschen zuteil werden zu lassen und folge damit meiner tiefen inneren Berufung. Durch das viele Kundalini Yoga habe ich ein sehr feines Gespür und eine starke Intuition entwickelt, die mir in meinen Tantramassagen immer wieder zu Gute kommt. Es geht in dieser Massageform nämlich nicht um eine bestimmte Technik, sondern vielmehr um die Fähigkeit, zu spüren, was der Mensch vor mir in diesem Moment braucht. Natürlich ist ein gewisses Grundverständnis der Sexualität notwendig, aber tatsächlich gibt es kein Schema F der genitalen Berührung, das für jeden funktioniert. Ich entdecke immer wieder, wie ich Berührungen gebe, die ich in dieser Form noch nie erfahren, gelernt oder gesehen habe – und dass genau diese Berührungen es sind, die beim Massage-Gast auf tiefer Ebene wirken und die Lust erwecken.

 

Was erfüllt dich an deiner Arbeit am meisten?

Ich liebe es, wenn ich am Ende der Tantramassage in ein weiches, friedliches und entspanntes Gesicht blicken darf, von dem jeglicher Alltagsstress abgefallen ist. Es sind wirklich zwei völlig unterschiedliche Menschen, die mein Studio betreten und wieder verlassen. Zudem macht es mich unfassbar glücklich, wenn ich durch meine Tantramassagen ein Stück weit zur Heilung und einer neuen, befreiten Sexualität beitragen darf. Der absichtslosen Berührung wohnt eine große Magie inne, die wirklich Wunder bewirken und sehr tief gehen kann. Als Tantramasseurin bekomme ich zudem oftmals direkt nach der Massage oder Tage bis Wochen später zutiefst berührendes Feedback, was mich nachhaltig glücklich macht.

 

Viele Menschen sind richtig ausgehungert nach Körperlichkeit. Ich merke in meinen Massagen, wie Berührungen regelrecht aufgesaugt werden wie ein Schwamm.

 

Welche Auswirkungen haben Corona und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen deiner Meinung (oder Erfahrung) nach auf die Menschen?

Viele Menschen sind richtig ausgehungert nach Körperlichkeit. Ich merke in meinen Massagen, wie Berührungen regelrecht aufgesaugt werden wie ein Schwamm. Meines Erachtens nach führt ein Mangel an Berührungen zu großen Problemen. Nicht umsonst erlebe ich manche Gäste richtiggehend aufgetankt, nachdem sie all die absichtslose Liebe und Zärtlichkeit erfahren durften.

 

Unsere Genitalien wollen auch einfach mal so berührt werden, komplett ohne Ziel.

 

Kann es sein, dass Sex oftmals mit einer großen Erwartungshaltung und demnach auch mit Druck einhergeht?

Unsere normale Sexualität ist unfassbar druckbehaftet. Ob als Mann oder als Frau: Sobald wir berührt werden, soll im Idealfall irgendetwas passieren. Das geht von einem Erwecken bis hin zu einem Steigern der Lust. Dabei wollen unsere Genitalien auch einfach mal so berührt werden, komplett ohne Ziel. Gerade für uns Frauen ist eine Tantramassage eine total heilsame Erfahrung. Ich hatte Frauen zu Gast, die sich seit Monaten nicht mehr für die Sexualität öffnen konnten oder gar glaubten, sie litten an Vaginismus. Aus Angst, dass sich die Yoni nicht mehr öffnet oder die Penetration sehr schmerzhaft ist, haben sich diese Frauen regelrecht vor der Körperlichkeit zurückgezogen. In all diesen Fällen war es möglich, durch die Tantramassage den Weg zurück in die eigene, zutiefst menschliche Lust zu ebnen. Es ist unendlich heilsam, wenn Menschen merken, dass mit ihrer Sexualität alles in Ordnung und normal ist. Manchmal schreiben mir Gäste noch Monate später, wie sehr sie das Erlebnis geprägt und ihre Sexualität transformiert hat.

 

Wir haben in Deutschland weder eine sexuelle Kultur noch eine Berührungskultur.

 

Wie kommt es, dass den meisten Menschen das Prinzip absichtsloser Berührungen so wenig vertraut ist?

Wir haben in Deutschland weder eine sexuelle Kultur noch eine Berührungskultur. Zu viele Menschen beziehen ihre sexuelle Bildung aus Pornos. Was für Männer eventuell noch funktioniert, verrät leider so gar nichts über die weibliche Lust. Während die männliche Yang-Energie sehr schnell hochgeht und rasch wieder abflaut, benötigt die weibliche Lust wesentlich mehr Zeit. Die Yin-Energie von uns Frauen lässt sich mit Wasser vergleichen, das langsam zum Kochen kommt, dann aber lange köchelt. Wir haben schlichtweg nie gelernt, wie wir Menschen berühren und dass es unterschiedliche Berührungsqualitäten gibt.

 

Ist es möglich, dass vielen der Unterschied zwischen „Anfassen“ und „Berühren“ gar nicht klar ist?

Ich befürchte es fast. Auf der anderen Seite finden immer Menschen zusammen, die eine ähnliche Berührungsqualität haben und es entweder nicht anders kennen oder damit zufrieden sind. Feststeht, dass jeder von uns sein Repertoire an der Kunst der Berührung erweitern und somit für liebevollere Partnerschaften und generell Beziehungen sorgen kann.

 

Weshalb können achtsame, liebevolle Berührungen solch eine heilsame Wirkung entfalten?

Meine Theorie ist, dass sich unsere innerste Essenz sehr danach sehnt, eine Berührung einfach um der Berührung willen zu erfahren. Unser ganzer Körper ist ein höchst komplexes, sinnliches Wesen, das nach Berührungen strebt. Nicht umsonst ist für Babys Körperkontakt essenziell, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Das Gleiche gilt für Beziehungen. Körperkontakt schafft Nähe und Verbundenheit zum Partner. Fehlt diese Qualität in einer Partnerschaft, kehrt spürbar Distanz und ein achtloserer Umgang miteinander ein. 

 

Die Magie an Slow Sex ist, dass sie Verbundenheit zwischen zwei Menschen schafft.

 

Sind achtsame und liebevolle Berührungen und Slow Sex eigentlich das Gleiche?

Beim Slow Sex geht es darum sich körperlich zu vereinigen, ohne etwas zu tun. Dafür ist noch nicht mal eine Erektion vonseiten des Mannes notwendig, weshalb sich Slow Sex sehr gut für langjährige Partnerschaften eignet, bei denen das sexuelle Interesse abgeflaut ist. Anstatt wie gewohnt mehr oder weniger wild zu agieren, liegen beide Partner einfach da, spüren in den eigenen Körper hinein und lassen die magnetischen Anziehungskräfte zwischen Yoni und Lingam wirken. Unsere Körper wissen eigentlich ganz genau, was sie möchten – nur meistens übernehmen wir die Führung, weil wir es nie anders gelernt habe. Wie gesagt beziehen die meisten Menschen ihre sexuelle Bildung aus Pornos und dort geht es immer um Action. Es kann eine wundervolle Erfahrung sein, zu erleben, wie sich die Energie zwischen Mann und Frau aufgrund der unterschiedlichen Polaritäten auf ganz eigene Art aufbaut und entlädt. Beide Partner sind angehalten, tief zu atmen und dem Gegenüber mitzuteilen, was während des Prozesses passiert. Eine Slow Sex Session benötigt viel Zeit und Absichtslosigkeit, weil wir dadurch Sexualität quasi neu erlernen. Alte Programme, die mit Bewegung und Tun verbunden sind, müssen erstmal überschrieben werden. Das kann sich durchaus zwischendurch langweilig anfühlen. Die Magie an Slow Sex ist, dass sie die Verbundenheit zwischen zwei Menschen schafft, die normaler Sex in der Regel gar nicht oder nur kurzfristig schafft. Durch Slow Sex wächst die Liebe und Nähe zum Partner, weshalb ich jedem Paar empfehle, diese Erfahrung in die Partnerschaft einzuladen. Wer sich verbunden fühlt, berührt den Partner automatisch wieder liebevoller und achtsamer, weswegen es durchaus eine Symbiose zwischen dieser Berührungsqualität und Slow Sex gibt.

 

Die weibliche Lust wird durch spielerische Absichtslosigkeit erweckt.

 

Wie können Paare lernen, sich achtsam und liebevoll zu berühren (statt den anderen möglichst schnell zum Orgasmus bringen zu wollen und enttäuscht zu sein, wenn dies nicht gelingt)?

Zunächst ist es wichtig, sich für die Sexualität bewusst Zeit einzuräumen. Im Alltagsstress geht Sinnlichkeit oftmals verloren, wenn wir uns dafür keine Zeiträume im Kalender eintragen. Was unromantisch klingt, ist für viele Menschen die Rettung ihrer Partnerschaft. Insbesondere bei Familien ist Zeit ein kostbares Gut und absolute Mangelware. Doch was passiert, wenn wir der Sexualität keinen Stellenwert einräumen? Sie wird zwangsläufig immer weniger und schläft irgendwann gänzlich ein. Deshalb sollten die Verabredungen mit dem eigenen Partner genauso wichtig genommen werden wie ein Arzttermin. Wichtig ist dabei, dass das Paar einen absichtslosen Raum schafft. Sprich, es geht nicht darum, sich in dieser Zeitspanne unbedingt körperlich vereinigen zu müssen. Es sollte vielmehr ein spielerischer, absichtsloser Raum sein, indem alles erlaubt ist, aber nichts muss. Vielleicht fühlt sich ein Partner danach, endlich mal wieder gehört zu werden. Ein anderes Mal ist vielleicht absichtsloses Kuscheln oder Küssen angesagt. Gerade für Frauen ist es sehr wichtig, sich nicht unterbewusst unter Druck gesetzt zu fühlen, jetzt sexuell funktionieren zu müssen. Die weibliche Lust wird vielmehr durch spielerische Absichtslosigkeit erweckt.

 

Mit welchen Vorurteilen in Bezug auf Tantramassagen wirst du häufig konfrontiert?

Sehr selten bekomme ich Anfragen von Männern, denen nicht ganz klar ist, dass eine seriöse Tantramassage keinerlei Extra-Dienstleistungen beinhaltet. Ansonsten ordnen manche Menschen die Tantramassage noch immer ins Rotlicht-Milieu und somit im zwielichtigen Bereich ein. Das Schöne ist, dass das Thema immer präsenter in den Medien wird. Ich wünsche mir, dass die Tantramassage irgendwann von Ärzten, Heilpraktikern und Therapeuten als das empfohlen wird, was sie ist: Ein geschützter Weg, um die eigene Körperlichkeit und Sexualität neu zu entdecken und/oder sogar Heilung zu erfahren.

 

Für wen ist eine solche Massage genau das Richtige?

Eine Tantramassage ist grundsätzlich für jeden Menschen eine wundervolle Erfahrung. Zu mir kommen viele Menschen, die sehr gestresst sind und sich einfach mal wieder so richtig entspannen wollen. Wieder andere möchten sich gerne besser kennenlernen oder fühlen intuitiv, dass die Sexualität mehr zu bieten hat, als sie bereits entdeckt haben. Der Weg in die eigene Körperlichkeit lohnt sich für jeden von uns, weil jeder von uns ein sexuelles Wesen ist und mit der Freisetzung der sexuellen Energie viel Kreativität, Lebenskraft und Lebensfreude freigesetzt wird.

 

Was sollte man vorher unbedingt wissen?

Es ist ganz normal, dass du vor einer Tantramassage aufgeregt bist. Deine Aufregung ist willkommen! Vor der Massage findet ein Vorgespräch statt, indem du sämtliche Fragen stellen kannst. Alternativ empfehle ich jedem, sich vor der ersten Tantramassage folgende Blogartikel sowie die FAQs durchzulesen, da dadurch viel Aufregung abgebaut wird:

Tantramassage für Frauen

Tantramassage für Männer

Tantramassage

 

Ein Mensch, der in seiner sexuellen Kraft steht, ist sehr mächtig. Er handelt selbstbestimmt und aus dem Herzen heraus, was in unserer Gesellschaft nicht immer erwünscht ist.

 

Was glaubst du, warum Sexualität in unserer Gesellschaft so sehr angst- und schambesetzt ist?

Ein Mensch, der in seiner sexuellen Kraft steht, ist sehr mächtig. Er handelt selbstbestimmt und aus dem Herzen heraus, was in unserer Gesellschaft nicht immer erwünscht ist. Zusätzlich fehlen Vorbilder, die sich aktiv für eine offene sexuelle Kultur einsetzen – insbesondere in früheren Generationen. Mittlerweile gibt es eine starke sexpositive Bewegung mit entsprechenden Events, Workshops und Festivals und somit auch Menschen, an denen man sich orientieren kann. Die Generation unserer Eltern und die davor sind jedoch wesentlich konservativer aufgewachsen. Die wenigsten von uns wurden dazu ermutigt, den eigenen Körper zu entdecken – stattdessen war und ist Masturbation etwas, was im Geheimen stattfindet und über das meist noch nicht mal mit dem eigenen Partner oder im Freundeskreis  gesprochen wird. Wenn aber bereits Kinder lernen, dass es sich „nicht gehört“, sich an den Genitalien zu berühren und sich selbst Lust zu bereiten, wirkt diese negative Konditionierung auch im Erwachsenenalter nach.

 

Von welchen Gesellschaften können (und sollten) wir uns eine Scheibe abschneiden?

Ich wünsche mir ein Schulfach, indem sexuelle Bildung erlernt wird. Jungen und Mädchen sollen schon in jungen Jahren wissen, wie die weibliche und die männliche Sexualität funktionieren, damit unschöne bis traumatische Begegnungen vermieden werden können. Zudem bin ich total dankbar, dass es Menschen und Räume gibt, die sich für eine sexuelle Kultur in Deutschland engagieren, beispielsweise das „Ananda“ in Köln, mit Martina Weiser als Leitung.

 

Was kann jeder Einzelne tun, um einen offeneren, unbeschwerten Zugang zur eigenen Sexualität zu erlangen?

Zunächst ermutige ich dich, die Verantwortung für deine eigene erfüllte Sexualität selbst in die Hand zu nehmen. Ganz egal, wie du aufgewachsen bist und was dir bisher widerfahren ist: Es liegt an dir, eine Beziehung zu deinen Genitalien aufzubauen. Viele Frauen wissen gar nicht, wie ihre Yoni im Detail aussieht. Nimm einen Taschenspiegel zur Hand und mach dich mit deinen Genitalien vertraut. Schau dir auch an, wie deine Yoni aufblüht, wenn du erregt bist. Je mehr du dich mit deinem Schossraum beschäftigst, desto mehr bist du in Kontakt zu deiner weiblichen Essenz. Unser ganzer Körper strebt nach sinnlichen Erfahrungen, weshalb es jederzeit möglich ist, zurück in deine Lust und Weiblichkeit zu kommen. Dazu gehört es, alle Sinne bewusst wahrzunehmen: Wie duftet eine Rose? Wie fühlt sich der Wind auf deiner Haut an? Was empfindest du, wenn du ganz bewusst in deine Lieblingsfrucht beißt? Wie fühlt sich ein zarter Kuss auf deiner sensiblen Halsregion an? Wenn deine Sinnlichkeit erwacht, wird jeder Tag buchstäblich zu einem Geschenk. Als Frau empfehle ich dir zudem, dir ein Yoni-Ei zuzulegen. Ich habe sehr gute Erfahrungen mit dem Onlineshop Yoniegg.rocks von Violeta Labella gemacht, die auch intuitive Matchings anbietet.

 

Und was können Männer tun?

Für Männer wünsche ich mir, dass sie sich gezielt mit der weiblichen Lust beschäftigen und die G-Punkt-Massage erlernen, die viel zu wenige beherrschen. Je mehr Verständnis Männer und Frauen für die unterschiedlichen Bedürfnisse entwickeln, desto erfüllter ist die Sexualität und desto schöner ist die Beziehung. Zudem wünsche ich mir, dass sich jeder Mensch zumindest einmal im Leben eine Tantramassage gönnt – es ist einfach eine zutiefst nährende Erfahrung, die unglaublich wohltuend ist und bis in tiefste Ebenen hineinwirkt.

 

Warum fällt es besonders Frauen so schwer, mit ihren sexuellen Bedürfnissen in Kontakt zu treten und diese zu äußern?

Ich glaube, es hat einen ganz einfachen Grund: Da unsere Genitalien innenliegend sind, haben wir uns nicht in der gleichen Weise damit beschäftigt wie ein Mann mit seinem außenliegenden Lingam. Zumal gibt es immer noch ein großes Tabu, was weibliche Masturbation anbelangt. Während es bei Jungs ganz normal ist, zu masturbieren, bekommen viele junge Mädchen gesagt, dass sich „das nicht gehört“. Dadurch wird die weibliche Lust von klein auf als ein Tabu wahrgenommen. Auch die konservative kirchliche Prägung mancher Teile Deutschlands trägt dazu bei, dass Frauen Sexualität als etwas negativ konnotiertes empfinden. Wenn eine junge Frau Pornos schaut, bekommt sie ein völlig falsches Bild der weiblichen Lust vermittelt. Unweigerlich wird sie sich falsch fühlen, wenn sie bei „normalem Sex“ nichts oder nur wenig empfindet.

 

Ich glaube, das größte Problem ist, wenn Menschen vom eigenen Lustempfinden auf das ihres Partners schließen.

 

Welche Missverständnisse herrschen in Bezug auf weibliche Sexualität und welche in Bezug auf männliche?

Ich glaube, das größte Problem ist, wenn Menschen vom eigenen Lustempfinden auf das ihres Partners schließen. Sprich: Der Mann, der sehr schnell erregt ist, geht davon aus, dass es bei der Frau genauso ist. Das größte Missverständnis liegt meines Erachtens in der Penetration: Es ist nicht der Lingam des Mannes, der in die Yoni eindringt, sondern im Idealfall empfängt die Yoni den Lingam. Das wird sie nur tun, wenn sie bereit dafür ist. Das „Vorspiel“ ist in meinen Augen kein Vorspiel, sondern überhaupt erst der Schlüssel dafür, dass sich die Yoni öffnet. Du kannst dir die Yoni vorstellen wie eine Blüte, die sich öffnet. Wenn du in diesem Zustand einen Finger oder den Lingam an das Eingangstor hältst, dringst du nicht aktiv ein, sondern die Yoni saugt dich förmlich ein. Dies schafft wesentlich mehr Verbundenheit zwischen zwei Menschen und fühlt sich für beide Partner intensiver an. Nun sind wir Frauen darauf konditioniert, auch Sex zu haben, wenn die Yoni noch gar nicht richtig offen ist – die meisten von uns sind schlichtweg nichts anderes gewöhnt und wissen gar nicht, dass die Yoni eigentlich eine empfangende Natur hat. Welcher Liebhaber nimmt sich schon die mindestens 30 bis 45 Minuten Zeit, die es in der Regel braucht, um die weibliche Lust zum Kochen zu bringen? Bei der männlichen Sexualität ist in meinen Augen das größte Missverständnis, dass die Erektion des Mannes gleich Lust bedeutet. Eine Erektion ist nichts anderes als ein Zeichen des Lingams, dass er gesund und vital ist. Es gibt Männer, die aufgrund verschiedenster Faktoren keine oder nur eine sehr leichte Erektion bekommen. Diese kommen trotzdem durch liebevolle und absichtslose Berührung in ihre Lust. Für eine Tantramassage ist es beispielsweise komplett egal, ob der Mann eine Erektion hat oder nicht. 

 

 

Was sollten Männer unbedingt über weibliche Sexualität wissen?

Die weibliche Lust geht von außen nach innen: Sprich, bevor du dich überhaupt ihrer Yoni näherst, solltest du dich ihrem restlichen Körper widmen. Streiche ihr absichtslos durch das Haar, lass deine Finger langsam über ihren nackten Oberarm gleiten oder hauche ihr einen zarten Kuss in den Nacken. Erst wenn du dich den unschuldigen Partien der Frau gewidmet hast, kannst du dich langsam ihren erogenen Zonen nähern. Dazu zählen die Nackenpartie, die Innenseite der Oberschenkel sowie die Brüste. Im Tantra gelten die Brüste als Tor zur weiblichen Lust. Nimm ihre Brüste behutsam in die Hand und mache langsame, kreisförmige Bewegungen. Auch längeres Halten sowie ein Saugen an den Brustwarzenhöfen kann sich luststeigernd auswirken. Wenn du merkst, dass der Atem der Frau schneller geht und ihre Erregung zunimmt, kannst du dich ihrer Yoni widmen. Leg zunächst einfach deine Hand auf und übe konstanten Druck aus. Danach kannst du dich den Venuslippen und dem Venushügel widmen. Dein Ziel sollte es sein, dass die Frau förmlich darum bettelt, dich ganz zu spüren – dann ist die Yoni auch bereit, dich zu empfangen. Wenn du mehr zu diesem Thema wissen möchtest, empfehle ich dir meinen Blogartikel zur weiblichen Lust.

 

Was sollten Frauen unbedingt über männliche Sexualität wissen?

Auch ein Mann freut sich über liebevolle und absichtslose Berührungen. Probiere einfach mal aus, was es mit eurer Beziehung macht, wenn du den Lingam von Zeit zu Zeit ohne Ziel streichelst, einfach nur um der Berührung willen. Du kannst auch zarte Küsse auf ihm verteilen, ganz ohne das Ziel, die Lust deines Partners zu erwecken. Die Wertschätzung des Lingams ist für Männer extrem wichtig, weil sie in der Regel sehr stark mit ihrem Lingam verbunden sind. Wichtig ist zudem, dass eine Erektion nicht automatisch bedeutet, dass dein Partner Lust hat – und umgekehrt. 

 

Welche Bücher rund um das Thema Sexualität kannst du abschließend empfehlen?

Wenn du einen Einblick in die Kunst der Lingam- und Yonimassage bekommen möchtest, empfehle ich dir die Bücher Lingam-Massage und Yoni-Massage von Michaela Riedl. Für Frauen ist das Buch Entfalte dein erotisches Potential: Landkarte zur Erkundung der weiblichen Sexualität von Sheri Winston sowie Zeit für Weiblichkeit von Diana Richardson. Paaren, die tiefer in das Thema Slow Sex einsteigen möchten, empfehle ich das Buch Slow Sex – Zeit finden für die Liebe von Diana Richardson oder das Buch Soulsex: Mit Lust die Liebe neu entdecken von Eva-Maria Zurhorst. Ein empfehlenswertes Buch zum Thema Tantra ist das Buch Tantra von Shashi Solluna.

Interview: Lesley Sevriens

Fotos: Lars Johannsohn

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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