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Der deutsche Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Thomas Mann gehört fest zum Kanon der deutschen Literatur. Der Sohn aus großbürgerlichem Hause wurde später aufgrund der Heirat mit einer Erbin und dem zunehmenden Erfolg zu einem notorischen Villenbesitzer und muss bis heute als Leib- und Magenschriftsteller der deutschen Konservativen angesehen werden. Stellte sich Mann im Ersten Weltkrieg noch klar hinter den Kaiser und das Reich, ging er früh auf Distanz zu den Nazis, floh ins Exil und wurde zu einem ihrer einflussreichsten Kritiker. Wikipedia

Steckbrief Thomas Mann

  • Daten: 06. Juni 1875 bis 12. August 1955
  • Geburtsort: Lübeck
  • Sprache(n): Deutsch (Französisch)
  • Hauptwerke o. Reihen: Die Buddenbrooks, Der Zauberberg, Doktor Faustus
  • Rezensierte Bücher: Der Zauberberg, Tonio Kröger
  • Genres: Gesellschaftsroman
  • Webseite: Autorenwebseite
  • Adaptierte Filme/Serien: u. a. Buddenbrooks (4 mal), Die Manns – ein Jahrhundertroman (Fernsehserie zur Familie Mann) - filmische Adaptionen nach Thomas Mann
  • Lesestoff: für alle, die keine Angst vor Klassikern haben und feinsinnige Ironie zu schätzen wissen

Thomas Mann: Jugend und Konflikte

Eine Übersicht über das Leben Thomas Manns zu geben, erscheint beinahe müßig. Zu viele Biographien tummeln sich auf dem Markt, als dass man ihm hier in wenigen Zeilen wirklich genüge tun könnte. So soll denn hier auch nur ein kurzer Überblick über die Stationen seines Lebens gegeben werden. Daneben sind die sich in der Figur des Autors selbst so deutlich zeigenden Brüche, die auch immer wieder in seinen Romanen eine prominente, ja beinahe leitmotivische Rolle spielen, hoch interessant – von der vermuteten, verdruckst verdrängten Homosexualität über das Selbstbild als bürgerlicher Künstler, was, in gewisser Weise, damals ein Widerspruch in sich zu sein schien, bis hin zur Wertung seines literarischen Werkes, das durchaus nicht unumstritten ist, wurde ihm doch gern mal ein Mangel an Phantasie und Genialität vorgeworfen.
Geboren wurde Thomas Mann 1875 in Lübeck. Von seinen insgesamt vier Geschwistern kennt man vor allem seinen älteren Bruder, Heinrich Mann, wie Thomas Schriftsteller, allerdings mit einer politisch zum Sozialismus hingehenden Einstellung, was immer wieder zu Brüchen in der Beziehung der beiden berühmten Brüder führte. Nach dem frühen Tod des Vaters wurde die Firma und das Lübecker Elternhaus, in dem sich heute ein Museum befindet, veräußert und die Mutter sowie die jüngeren Geschwister zogen bald darauf nach München. Thomas Mann folgte ihnen 1894, nachdem er die mittlere Reife mit mäßigen bis schlechten Noten abgeschlossen hatte. Die Schule langweilte ihn. Danach wurde es kaum besser, denn der zum Vormund bestellte Freund seines Vaters bestand darauf, dass Thomas Mann einen bürgerlichen Beruf ergreifen sollte. So begann er also ein Volontariat in einer Münchener Feuerversicherung – und langweilte sich wieder. Nach ersten Publikationen in verschiedenen Zeitschriften erlaubte ihm eine monatliche Rente von 180 Reichsmark aus dem Vermögen des Vaters, auf die er mit erreichen des 21. Lebensjahr Anspruch hatte, seine Arbeit bei der Versicherung aufzugeben und sich ganz dem Schreiben zu widmen.

Die Buddenbrooks – Thomas Manns Debüterfolg

Bevor 1901 die „Buddenbrooks“ erschien und ihn mit einem Schlag zu einem viel gelesenen und angesehenen Schriftsteller machte, ist vor allem seine einjährige Tätigkeit beim Simplicissimus, der berühmtesten Satirezeitschrift jener Jahre, nennenswert. Davor hatte er – wie sein Bruder Heinrich, der gar Schriftleiter bei einer nationalchauvinistischen Zeitung gewesen war – aus heutiger Sicht peinliche, teils judenfeindliche Texte veröffentlicht. Irgendwie eben ein Kind seiner Zeit, das macht es ja auch spannend, später dürften ihm diese frühen essayistischen Gehversuche aber wohl noch peinlicher gewesen sein als seine „Ansichten eines Unpolitischen“, von denen er sich schon bald nach Ende des ersten Weltkrieges sogar öffentlich distanzierte. 1905, nach dem Erfolg seines Debütromans „Die Buddenbrooks“, der 1901 erschien, heiratete Mann die Millionärstochter Katia Pringsheim. Nach der Machtergreifung zog die Familie nach Zürich, später ins amerikanische Exil. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verbrachte Thomas Mann die letzten Jahre seines Lebens in der Zürcher Villa und kehrte nur zu öffentlichen Auftritten nach Deutschland zurück. Eine Besonderheit sind die Kinder Manns, von denen mehrere respektable eigene schriftstellerische und künstlerische Karrieren hatten, besonders Erika und Klaus Mann, aber auch Golo Mann als Historiker und Publizist mit engen Kontakten zu vielen der wichtigen politischen Persönlichkeiten der Bundesrepublik.

Autobiographische Einflüsse im Werk Thomas Manns

In Manns frühen Arbeiten, neben den „Buddenbrooks“ vor allem „Tonio Kröger“, stechen autobiographische Ansätze hervor. Die Buddenbrooks sind eine Lübecker Patrizierfamilie, die einen langsamen, stetigen Niedergang erfährt, da man sich nicht an die „neuen Zeiten“ anpasst. Tonio Kröger hingegen ist Schriftsteller aus bürgerlicher Familie und hadert mit seiner Rolle als Künstler, die keine „bürgerliche“ Existenz ist. Es ist nicht schwer, in beiden Büchern die direkten Beziehungen zu Thomas Mann zu erkennen. Seine Familie ist die Vorlage für die Buddenbrooks, er selbst ist die Vorlage für die Figur des Tonio Kröger. Dabei zeigt sich schon gleich von Anfang an Thomas Manns große Kunst, eine ironische Distanz zu seinen Figuren zu halten, sein wundervoller Humor, der bei der Betrachtung dieses deutschen Literaturgiganten häufig viel zu kurz kommt, und seine meisterhafte Beherrschung der deutschen Sprache. Letzteres heißt aber auch, dass er für die heutigen Lesegewohnheiten, wo jedes Komma eines zu viel zu sein scheint, eine Herausforderung darstellt. Ein meisterlicher Mann'scher Satz kann schon mal eine halbe Buchseite hinunter mäandern.

Der Zauberberg – Manns meisterliches Porträt einer Gesellschaft am Wendepunkt

Mit dem „Zauberberg“, vielleicht der Roman, für den er eigentlich den Nobelpreis hätte erhalten sollen, erreicht er den Gipfel seiner Fabulierwut. Auf gut 1000 Seiten begleitet man in der großen Tradition des europäischen Bildungsromans den jungen Hans Castorp, der zur Kur in ein Schweizer Sanatorium geschickt wird. In dieser abgeschlossenen Welt zeichnet Mann ein eindrückliches Panorama der dem Untergang geweihten bürgerlichen Welt vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Folgerichtig endet der Roman mit Hans Castorps Abreise in den aufziehenden Krieg. Gleichzeitig zeigt sich im Zauberberg aber auch, wo die blinden Stellen im Werk Thomas Manns liegen. Während die „Gesellschaft“ der wohlhabenden Gäste des Sanatoriums minutiös dargestellt wird, bleibt die Welt der Angestellten, Dienerschaft und „kleinen Leute“ beinahe komplett ausgespart. Dies ist im erzählerischen Wollen durchaus vernünftig, gleichzeitig ist dies etwas, das sich, ganz im Gegensatz zu seinem Bruder Heinrich, der sich gerade den „kleinen Leuten“ annimmt, durch beinahe das gesamte Werk Thomas Manns zieht.