Erfolgreiche Schriftsteller verdienen in Deutschland im Vergleich oft weniger

Es sind noch nie Romane magisch vom Himmel gefallen. Und aller Anfang ist schwer.

Bekannt und berühmt zu sein, wird häufig mit wohlhabend und reich verwechselt. In einer Zeit, in der eine überregionale Bekanntheit durch Soziale Netzwerke vergleichsweise schnell erreicht werden kann, geht die Schere zwischen Berühmtheit und Einkommen weiter auseinander als früher. Insbesondere Musiker und Schriftsteller machen in Deutschland die Erfahrung, dass selbst erfolgreiche Werke kein hohes Einkommen garantieren.

Schriftsteller finden immer wieder ein breites Publikum

Schaut man auf die Zahlen, könnte alles in bester Ordnung sein. Die Menschen lesen gerne Bücher, zunehmend auch auf elektronischem Wege. Auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt sind im halbjährlichen Wechsel die Gänge an den Publikumstagen übervoll, die Absätze bei Büchern sind trotz eines relativen Rückgangs weiterhin stabil. Tatsächlich beklagt die Branche vor allem einen „Einbruch“ bei den Zahlen, was die Buchverkäufe betrifft. Allerdings zeigt der Vergleich über längere Zeiträume hinweg, dass die Zahlen der letzten fünf bis acht Jahre sehr vom Hype um einzelne Bücher wie „50 Shades of Grey“ geprägt waren. Ähnlich war es schon einmal zu Zeiten der Harry-Potter-Saga. Solche Super-Bestseller pushen die Absatzzahlen oft über Gebühr nach oben, während die Gesamtzahl bei den anderen Titeln eher sinkt. Insofern normalisiert sich gerade nach Ansicht vieler Fachleute nur das Niveau der Buchverkäufe wieder. Hinzu kommt, dass Hörbücher und E-Books oft getrennt in die Statistiken einfließen, aber letztlich auch zu den Absätzen hinzugerechnet werden sollten. Und auch, wenn viele Schriftsteller, die in Deutschland gehobene Literatur verkaufen möchten, naserümpfend vor kommerziellen Erfolgen stehen, lässt sich nicht bestreiten, dass gerade populäre Werke dazu beitragen, dass mehr Menschen wieder in Buchhandlungen gehen und sich überhaupt wieder für das Lesen begeistern können. Anzumerken ist außerdem, dass die mangelnde Flexibilität der Buchhändler vor Ort (der berühmte Laden an der Ecke) vermutlich mehr zum Niedergang der Branche beiträgt als die oft gescholtenen Riesen wie Amazon. Gerade angesichts der in Deutschland immer noch verteidigten Buchpreisbindung haben die Buchhändler schließlich keinen Preiskampf zu fürchten wie andere Branchen. Vielmehr scheint es so zu sein, dass viele Schriftsteller in Deutschland, die ohne Verlag auftreten, trotz erfolgreicher E-Book und Book-On-Demand-Veröffentlichungen von Buchhandlungen ignoriert und geradezu boykottiert werden, weil man als Einzelhändler keine Autoren unterstützen möchte, die bei den Branchenriesen in Form der bösen elektronischen Bücher veröffentlichen. Erst, wenn ein solcher Autor vielleicht Regionalkrimis schreibt und einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat, wird er dann auch gerne in die örtliche Bücherstube für Lesungen eingeladen.

Kommerziell oder anspruchsvoll? Warum nicht beides?

Viele Schriftsteller in Deutschland versuchen den Spagat zwischen kommerziellen Eintagsfliegen und hochgeistiger Literatur zu schaffen. Durch die Marktsituation wird dies nicht einfacher, obwohl das eigentliche Veröffentlichen dank der Möglichkeiten auf dem Self-Publisher-Segment nie zuvor so einfach war. Die Problematik stellt sich jedoch in einem anderen Feld: Wer hauptberuflich und ernsthaft als Schriftsteller in Deutschland tätig sein will, hat viele Hürden zu überwinden. Zum einen muss trotz aller künstlerischen Ansprüche der tägliche Lebensunterhalt gesichert sein. Das durch das eigene Schreiben zu schaffen, gelingt nur wenigen Schriftstellern. Selbst erfolgreiche Bestsellerautoren können oft nur mit einem relativ geringen Monatseinkommen (von unter 1000 Euro) aufwarten. Was neben den reinen Verkaufszahlen oft vergessen wird: Beim Schriftsteller selbst bleibt nur sehr wenig hängen. Verlage, Buchhändler und Distributoren verlangen Provisionen und von dem, was übrig bleibt, muss der Schriftsteller noch Steuern zahlen, seine Kranken- und Sozialversicherung bezahlen und sonstige Kosten decken. Reich zu werden, ist als Schriftsteller in Deutschland zwar kein Ding der Unmöglichkeit, doch die Regel ist es sicherlich nicht. Im Jahr 2010 meldete die Künstlersozialkasse, bei der ein gehöriger Teil der freischaffenden Autoren in Deutschland versichert ist, dass das Durchschnittseinkommen von Schriftstellern bei ungefähr 13.000 Euro liegt. Auf den Monat gerechnet, sind das etwas mehr als 1000 Euro – für Menschen, die nicht selten über sehr hohe Qualifikationen verfügen, ist das kein nennenswerter Betrag. Und auch hier macht sich die übliche Schere zwischen dem Einkommen männlicher und weiblicher Schriftsteller in Deutschland bemerkbar, denn als Frau verdient man noch einmal knapp 3000 Euro weniger im Jahr.  Dabei spiegeln diese Zahlen nur Durchschnittswerte wider, denn als Schriftsteller bekommt man eben keinen monatlichen Scheck in gleicher Höhe vom Chef, sondern hängt von den Buchverkäufen und den Tantiemenzahlungen ab, die mal höher, mal niedriger ausfallen und insgesamt schlecht planbar sind. Kein Wunder also, dass die meisten Schriftsteller einen sogenannten Brotberuf ausüben und ihren Lebensunterhalt als Journalist, Lektor oder ähnliches bestreiten.

Erfolgreiche Schriftsteller sind leider die Ausnahme in Deutschland

Regelmäßig werden in Deutschland Schriftsteller zitiert, die sehr gut von ihrem Beruf leben können. Das sind aber auch allesamt Größen des Literaturbetriebs, die von ihren Tantiemen der zahlreichen Romane bestens leben können. Solche Erfolge lassen sich aber weder planen noch beliebig reproduzieren. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Überraschungsbücher, die scheinbar aus dem Nichts kommen und die Bestsellerlisten beherrschen. In den letzten Jahren gab es wiederholt solche Beispiele, die auch deshalb inspirierend sind, weil sie häufig nicht von professionellen Schriftstellern kommen, sondern von Menschen, die eher nebenher mit dem Schreiben angefangen haben. Ein bekanntes Beispiel der letzten Zeit ist die Trilogie um das Buch „Dem Horizont so nah“ von Jessica Koch. Die (in weiten Teilen wahre) Geschichte einer jungen Frau, die sich in einen Bilderbuchmann verliebt, der hinter den Kulissen dunkle Geheimnisse einer schweren Kindheit und Jugend (wie den Missbrauch durch den eigenen Vater) verarbeiten muss, ging komplett durch die Decke. Zunächst bei einem kleinen Verlag gestartet, schaffte das Buch fast aus dem Stand den ersten Platz auf allen wichtigen Verkaufscharts und Bestsellerlisten, die Nachfolgebände waren entsprechend erfolgreich. Mittlerweile ist sogar eine Verfilmung in Arbeit.

Verfilmung des Romans “Dem Horizont so nah” 2019

Nun wäre es sicher vermessen, zu behaupten, dass ein Schriftsteller an einem derartigen Erfolg nicht gut verdient, doch da sind wir wieder bei dem Problem, dass solche Erfolgsgeschichten sehr selten vorkommen. Gegen diese eine Erfolgsstory stehen Hunderte von Büchern mit ähnlichem Inhalt und autobiografischen Zügen, die kein Mensch lesen will. Die Gesetze am Buchmarkt sind sehr komplex und selbst Verlage verschätzen sich bisweilen. Das macht es umso schwerer, als Schriftsteller in Deutschland die Erfolgsleiter zu erklimmen.

Verdient ein Schriftsteller nicht Millionen mit einem Bestseller?

Doch was macht einen Bestseller überhaupt aus? Ist das der erste Rang in einer Unterkategorie der Amazon-Verkaufscharts? Die Erwähnung in der Spiegel-Bestsellerliste? In der Tat liegt die Einschätzung, was tatsächlich ein Bestseller ist, oft im Auge des Betrachters. Ab wie viel verkauften Exemplaren ein Buch als erfolgreich einzuschätzen ist, liegt maßgeblich am Genre, denn von einem Action-Thriller kann man andere Verkaufszahlen erwarten als von einem Reiseführer über die Mongolei. Viele Verlage sehen ein Buch als erfolgreich an, wenn man fünftausend Exemplare verkaufen konnte. Auflagen von 15.000 aufwärts sind im Printbereich dann heute bereits ein Bestseller. Landläufig wird gerne angenommen, dass Bücher grundsätzlich millionenfach verkauft werden. Nimmt man nun die Zahl eines Bestsellers von vielleicht 20.000 verkauften Exemplaren, bleibt bei einer Marge von ein bis zwei Euro für den Schriftsteller vergleichsweise wenig hängen. Davon muss der Autor sich dann noch versichern und Steuern zahlen. Nimmt man ferner an, dass das Schreiben eines Romans zwischen ein und zwei Jahren Zeit in Anspruch nimmt, schrumpft das Nettoeinkommen eines Schriftstellers in Deutschland weiter zusammen. Erst wenn man weitere Einkünfte durch Lesungen, Übersetzungen, Neuauflagen (z. B. als Taschenbuch), Preisverleihungen oder sogar die Verfilmung hinzunimmt, wird das Leben von der Tätigkeit als Schriftsteller finanziell möglich – all diese Sekundäreffekte lassen sich aber wiederum nicht planen und hängen stark davon ab, ob der Autor oder die Autorin weiterhin ein Publikum für sich begeistern kann. Denn nicht selten fallen Nachfolgebücher bei der Leserschaft gnadenlos durch, wenn sie den Erfolg des ersten Buches nicht wiederholen oder nur schlecht kopieren können.

Anspruchsvolle, brotlose Kunst oder populäre Massenware?

Kein Wunder also, dass Verlage (insbesondere angesichts steigender Manuskripteinreichungen) nur wenig Potenzial für Experimente sehen. Konnten zumindest einigermaßen erfolgreiche Schriftsteller in Deutschland früher mit der vollen Unterstützung ihres Verlages rechnen und sich auch mal einen Fehlschuss leisten, diktieren die verschärften Bedingungen am Markt inzwischen ein gnadenloses Aussieben. Daher wird es schwierig, einen besonderen lyrischen Anspruch zu behaupten, wenn vor allem leicht verwertbare Massenware mit lukrativen Absatzzahlen gewünscht sind. Den Mut sollte aber dennoch niemand verlieren. Viele erfolgreiche Schriftsteller in Deutschland haben eben nicht den Superhit mit dem ersten Buch gelandet, sondern sich nebenher mit anderen Jobs über Wasser gehalten oder davon profitiert, dass sie mit einem Partner liiert waren, der bzw. die den Lebensunterhalt unabhängig vom Erfolg der Schriftstellerei des anderen sichern konnte. Schaffen solche Autoren den Durchbruch, werden sie vom Publikum besonders geliebt, weil es den Eindruck erweckt, dass fast jeder einen Bestseller schreiben kann. Es sind diese Alltagshelden, die Leser für ihr eigenes Leben motivieren, Träume zu verfolgen. Das oft bemühte Klischee vom Tellerwäscher, der die Millionen scheffelt, ist sicher nicht ganz falsch. Es ist allerdings sehr leicht, über diese Erfolgsgeschichten hinweg den harten Weg des weitaus größten Teils der Schriftsteller in Deutschland zu vergessen, die eben nicht von ihren Büchern leben können. Da kommt es sicher gelegen, dass gerade Schriftsteller ihren Beruf als Berufung betrachten, der sie auch ohne ein hohes Einkommen nachgehen. Die harte Wirklichkeit, dass man im Alltag selten vom Schreiben leben kann, will ohnehin niemand hören. Richtig bitter ist es, wenn ein Schriftsteller erst dann erfolgreich wird, wenn er oder sie bereits nicht mehr unter den Lebenden weilt. Und auch das gibt es leider immer wieder – was allerdings kein Phänomen der Neuzeit ist. Brotlose Kunst und posthume Berühmtheit, von der dann in erster Linie die Erben profitieren, davon könnte so mancher deutsche Schriftsteller ein Lied singen – sofern er noch am Leben wäre.

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