Lieblingslektüre – Lesley

 

Wir statten leidenschaftlichen Leser*innen einen Besuch ab und fragen sie nach ihrer Lieblingslektüre: Welche Bücher lesen sie aktuell, für welche Themen interessieren sie sich und welche Werke haben sie nachhaltig beeindruckt oder gar beeinflusst? An dieser Stelle teilen sie ihre literarischen Schätze mit Euch.

Lesley Sevriens

Freie Texterin und Redaktionsleiterin bei Schriftsteller.de

Fotos by: Silje Paul

 

„Geschriebene Worte sind mein ganz persönliches Antidepressivum.“

 

Auf meinem Nachttisch liegt eigentlich immer ein Stapel Bücher und Zeitschriften – ein Mix aus gerade erst gelesenen Büchern, aktuellem Lesestoff und Werken, die noch auf mich warten. Geschriebene Worte sind quasi mein ganz persönliches Antidepressivum. Vor wenigen Tagen erst habe ich das unfassbar schlaue Buch Sprache und Sein von Kübra Gümüşay gelesen. Darin geht es darum, was Sprache mit uns macht. Sie kreiert darin das Bild von einem ‘Museum der Sprache’, in dem die ‘Die Benannten’ und ‘Die Unbenannten’ leben. Die Benannten, das sind beispielsweise ‘Die Ausländer’, ‘Die Geflüchteten’ oder ‘Die Homosexuellen’. Was passiert, wenn Menschen nicht als Individuum wahrgenommen, sondern ‘auf Kategorien reduziert werden’, davon handelt dieses Buch. Und davon, wie ein wachsamer Umgang mit Sprache zu Begegnungen auf Augenhöhe und offenen Herzen führen kann.

 

Um meine derzeit noch leicht holprigen Französischkenntnisse zu befeuern, hat mir ein Freund vor einiger Zeit das Buch Les Sentiments du Prince Charles von Liv Strömquist in die Hand gedrückt. Seitdem bin ich großer Fan der schwedischen Comiczeichnerin. Wie keine Zweite fusioniert sie Feminismus, Philosophie, Soziologie und Weltgeschichte mit ihren scheinbar simplen, aber super pointierten Comiczeichnungen. Außerdem finden sich in ihren Büchern immer wieder popkulturelle Referenzen. So auch in ihrem neuestem Comic Ich fühl’s nicht. So viel sei verraten: Leonardo DiCaprio schneidet darin nicht so gut ab und am Ende der Lektüre verspürt man Mitleid mit ihm.

 

Vergangene Woche habe ich angefangen, den Roman Der unvollendete Palazzo von Judith Mackrell zu lesen. Das Buch habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen. Es handelt von einem geschichtsträchtigen Palazzo in Venedig und drei außergewöhnlichen Frauen, die diesen Palazzo nacheinander bewohnt und in einen spektakulären Ort verwandelt haben. Darunter die Mäzenin und Kunstsammlerin Peggy Guggenheim. Dank ihr ist der Palazzo heute Sitz der Collezione Guggenheim. Zwar tauchen in dem Buch unglaublich viele Namen auf, aber Mackrell gelingt es, ihr geballtes historisches Wissen super unterhaltsam niederzuschreiben.

 

Madeleine Alizadeh ist eine extrem engagierte Frau, die sich für Feminismus, Menschenrechte, gegen Rassismus und den Klimawandel einsetzt und die ich sehr für ihr Engagement schätze. Ihr erstes Buch Starkes Weiches Herz stand wochenlang auf den Bestsellerlisten. Es geht darin vor allem um die Vereinbarung vermeintlich gegensätzlicher Eigenschaften – das Buch ist quasi ein Abgesang an typisches Schwarz-Weiß- und Schubladendenken. Es geht darin um die ganz großen Lebensthemen – um den Unterschied zwischen Glück und Erfüllung und darum, wie wir uns von unnötigem (seelischen) Ballast befreien. Darum, wie wir lernen können, besser mit Stress umzugehen, ehrlicher miteinander zu kommunizieren und mutiger durch die Welt zu schreiten. Ein Buch, das ich allen ans starke, weiche Herz legen kann!

 

Noch eine Frau, die ich verehre: Nora Gantenbrink – und zwar für ihre herrlich eigene und komische Schreibe, die auch Udo Lindenberg „mucho mucho“ liebt. Ihrem ersten und hochgelobten Erzählband Verficktes Herz habe ich vor Jahren im Urlaub auf Sri Lanka gelesen und habe mich dabei gar nicht mehr eingekriegt vor Lachen. Seitdem habe ich sehnsüchtig einem weiteren Gantenbrink-Werk entgegengefiebert. In diesem Frühjahr war es dann endlich soweit. In ihrem halbautobiographischen Roman Dad begibt sich Gantenbrink auf Spurensuche ihres viel zu früh und an HIV verstorbenen Hippie-Vaters. Eine Roadstory, die mich zu Tränen gerührt hat. Trotz der Schwere des Themas liegt über allem eine amüsante Leichtigkeit.

 

Das Buch Fashion Changers – Wie wir mit fairer Mode die Welt verändern können versammelt jede Menge wegweisende und inspirierende Fashion Changer – Menschen, die sich aktiv für einen Wandel in der Modebranche einsetzen. Das extrem gut und umfangreich recherchierte Buch lädt zu einem nachhaltigen Umdenken ein – und ich fühle mich geehrt, darin Erwähnung gefunden zu haben und eine der Porträtierten zu sein.

Credits:

Protokolle: Lesley Sevriens / Fotos: Silje Paul

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert